Dextrose zur Prävention einer Hypoglykämie bei gefährdeten Neugeborenen
Anfrage
Wie beeinflusst die präventive Gabe von oraler Dextrose in den ersten zwei Stunden nach der Geburt bei Neugeborenen mit Hypoglykämie-Risiko im Vergleich zu Kolostrum, Placebo oder keiner Intervention die InzidenzInzidenz (incidence) beschreibt die in einem bestimmten Zeitraum neu aufgetretene Anzahl an Krankheitsfällen in einer definierten Population. (7) von Hypoglykämien sowie moderaten bis schweren neurologischen Beeinträchtigungen im Kindesalter?
Ergebnisse
Studien
Die systematische Literaturrecherche identifizierte eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT), welche die WirksamkeitWirksamkeit (effectiveness, efficacy) allgemein das Ausmaß, in dem sich eine Intervention, Prozedur, Dienstleistung oder sonstige Maßnahme auf definierte Populationen auswirkt. (3) von 40%iger oraler Dextrose mit einem Placebo-Gel verglich. Untersucht wurden Unterschiede im Hinblick auf kurzfristige hypoglykämische Ereignisse und neurologische Beeinträchtigungen im Alter von zwei Jahren. Die Studie analysierte die Daten von 2 149 Säuglingen, die eine Stunde nach der Geburt zusätzlich zu Muttermilch entweder 0,5 ml/kg Dextrose-Gel oder Placebo-Gel erhielten. Die Neugeborenen kamen durchschnittlich nach 38 Schwangerschaftswochen zur Welt, mehr als 80 Prozent der Säuglinge hatten Mütter mit (Gestations-)Diabetes. Von 1 194 dieser Kinder konnten Langzeitdaten nach zwei Jahren analysiert werden. Das Risiko für Bias der Studie war unklar (kurzfristige Endpunkte) bis hoch (Langzeitbeobachtung).
Resultate
- Hypoglykämie: Ein RCT mit unklarem Risiko für Bias und 2 149 Neugeborenen ergab, dass Säuglinge, die 0,5 ml/kg Dextrose erhielten, geringfügig seltener unter Hypoglykämie litten als jene, die Placebo-Gel erhielten (37,0 Prozent [399 von 1 078] vs. 41,8 Prozent [448 von 1 071]; Relatives RisikoRelatives Risiko (RR; risk ratio) beschreibt ein Effektmaß für dichotome Variablen. Das relative Risiko in einer Therapiestudie bezeichnet das Verhältnis zwischen dem Risiko in der experimentellen Gruppe und dem Risiko in der Kontrollgruppe. Ein relatives Risiko von 1 bedeutet, dass zwischen den Vergleichsgruppen kein Unterschied besteht. Bei ungünstigen Ereignissen zeigt ein RR < 1 , dass die experimentelle Intervention wirksam ist, um das Auftreten von ungünstigen Ereignissen zu senken. (7) [RR]: 0,88; 95% KonfidenzintervallKonfidenzintervall (confidence intervall) Bereich, in dem der „wahre“ Wert einer Messung (Effektgröße) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (üblicherweise 95%-Konfidenzintervall). Die Effektgröße kann dabei z.B. ein Therapieeffekt, ein Risiko oder die Sensitivität eines diagnostischen Tests sein. Das Konfidenzintervall beschreibt die Unsicherheit über die Zuverlässigkeit der Aussage zur Effektgröße. Die Breite des Konfidenzintervalls (KI) hängt u.a. von der Zahl der in die Studie eingeschlossenen Patient*innen ab und wird mit zunehmender Patient*innenzahl enger, d. h. die Effektgröße kann präziser geschätzt werden. (7) [KI]: 0,80–0,98).
- Moderate bis schwere neurologische Beeinträchtigungen nach zwei Jahren: Ein RCT mit hohem Risiko für Bias und Daten zu 1 194 Kindern zeigte bei 4,0 Prozent (24 von 606) der Kinder in der Dextrose-Gruppe und 2,7 Prozent (16 von 588) in der Placebo-Gruppe moderate bis schwere neurologische Beeinträchtigungen. Nach AdjustierungAdjustierung ein Verfahren, um den Einfluss des Risk of Bias in einer Analyse zu minimieren. Hierzu können unterschiedliche Methoden angewendet werden z. B. Stratifizierung, Regressionsanalyse oder Matching.(2) für primäre Hypoglykämie-Risiken, sozioökonomische Faktoren, Studienort und Mehrlingsgeburt war das Relative Risiko in der Dextrose-Gruppe höher (adj. [adjustiertes] RR: 1,51; 95% KI: 0,81–2,80). Das Ergebnis ist jedoch statistisch nicht signifikant.
Fazit
Die präventive Dextrose-Gabe (0,5 ml/kg) könnte das Risiko einer Hypoglykämie bei gefährdeten Neugeborenen im Vergleich zu Placebo leicht senken. Das Vertrauen in die Evidenz ist jedoch gering, und neue Studien werden mit Sicherheit einen Einfluss auf die Einschätzung der Maßnahme haben. Ob sich die präventive Gabe von Dextrose auf das Auftreten moderater bis schwerer neurologischer Beeinträchtigungen im Alter von zwei Jahren auswirkt, lässt sich aufgrund der unzureichenden Evidenz nicht sagen.
Abbildung 1: Ergebnisse im Überblick
Ausführliche Beantwortung
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