Wartezeiten: Emergency Severity Index im Vergleich zu Manchester Triage System
Anfrage
Hat die Triage nach dem Emergency Severity Index (ESI) im Vergleich zur Triage nach dem Manchester Triage System (MTS) einen Einfluss auf die Wartezeiten und die Zufriedenheit der Patient*innen sowie die Häufigkeit von Aggressionsereignissen?
Ergebnisse
Studien
Im Rahmen unserer systematischen Literaturrecherche fanden wir eine Beobachtungsstudie, die sich mit dieser Frage befasste. Sie untersuchte bei insgesamt 3 928 Patient*innen, die entweder nach ESI oder MTS an Notfallabteilungen triagiert wurden, Unterschiede in der Wartezeit (door-to-doctor time) an zwei unterschiedlichen Kliniken. Das Durchschnittsalter der Patient*innen lag bei 40 bzw. 50 Jahren, und rund 80 Prozent der Patient*innen wurden der Triagekategorie ESI drei oder vier bzw. MTS gelb oder grün zugewiesen.
Resultate
- Wartezeit: Die Beobachtungsstudie mit hohem Risiko für Verzerrung zeigte kürzere Wartezeiten bei Triage nach ESI im Vergleich zu MTS. Die Wartezeit war bei Triage nach ESI um durchschnittlich zehn Minuten kürzer (95% KonfidenzintervallKonfidenzintervall (confidence intervall) Bereich, in dem der „wahre“ Wert einer Messung (Effektgröße) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (üblicherweise 95%-Konfidenzintervall). Die Effektgröße kann dabei z.B. ein Therapieeffekt, ein Risiko oder die Sensitivität eines diagnostischen Tests sein. Das Konfidenzintervall beschreibt die Unsicherheit über die Zuverlässigkeit der Aussage zur Effektgröße. Die Breite des Konfidenzintervalls (KI) hängt u.a. von der Zahl der in die Studie eingeschlossenen Patient*innen ab und wird mit zunehmender Patient*innenzahl enger, d. h. die Effektgröße kann präziser geschätzt werden. (7) [KI]: -11,4–-8,9) als bei Triage nach MTS (n=3 913). Bei Patient*innen, die nach ESI triagiert wurden, betrug die durchschnittliche Wartezeit rund 27 Minuten (StandardabweichungStandardabweichung (SD; standard deviation) wird als Maß für die Streuung von Messwerten um den Durchschnittswert definiert. (7) [SD]: 16,2, n=2 258), bei jenen, die nach MTS triagiert wurden, 37 Minuten (SD: 22,0, n=1 655). In einer Subgruppe von Patient*innen mit ESI-Score zwei und drei bzw. MTS-Einschätzung orange und gelb zeigte sich kein wesentlicher Unterschied in der Wartezeit.
- Zufriedenheit und Aggressionsereignisse: Über den Einfluss der Triage auf die Zufriedenheit der Patient*innen und die Häufigkeit von Aggressionsereignissen können wir mangels entsprechender Studien keine Aussage treffen.
Fazit
In einer Studie zeigte sich, dass bei Triage nach ESI im Vergleich zu MTS die Wartezeit der Patient*innen bis zum Erstkontakt mit einer Ärztin/einem Arzt um durchschnittlich rund zehn Minuten verkürzt werden konnte. Betrachtete man nur Patient*innen mit mittleren Triagekategorien (ESI: 2, 3, MTS: gelb, orange), zeigte sich kein wesentlicher Unterschied in der Wartezeit. Die Ergebnisse sind allerdings mit Vorsicht zu interpretieren, da mögliche Störfaktoren, wie z. B. die Personalausstattung, in der Analyse nicht berücksichtigt wurden. Das Vertrauen in die Evidenz ist daher niedrig und neue Studien werden mit Sicherheit einen Einfluss auf die Einschätzung der Maßnahme haben. Ob eine Triagierung nach ESI oder MTS einen Einfluss auf die Zufriedenheit der Patient*innen und die Häufigkeit von Aggressionsereignissen hat, lässt sich aufgrund fehlender Evidenz nicht beantworten.
Abbildung 1: Ergebnisse im Überblick
Ausführliche Beantwortung
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