Wasserstoffperoxid bei traumatischen Wunden

Anfrage

Welchen Einfluss hat die Anwendung von Wasserstoffperoxid im Vergleich zu anderen Wunddesinfektionsmitteln auf die Heilung von traumatischen Wunden?

Ergebnisse

Studien

Bei unserer umfassenden systematischen Literatursuche identifizierten wir eine retrospektive Kohortenstudie (1) mit sehr hohem Bias-Risiko (Verzerrungsrisiko). Die Studie wurde 1974 bis 2005 durchgeführt und umfasste 7 104 Patient*innen mit traumatischen Wunden und einem Durchschnittsalter von 39 Jahren. Der Endpunkt war die postoperative Wundinfektionsrate. Folgende Antiseptika wurden vor dem operativen Wundverschluss verwendet: 4% Wasserstoffperoxid (Beobachtungszeitraum 1974–1983), 1% Povidon-Jod (Beobachtungszeitraum 1974–1996), 0,04% Polyhexanid (Beobachtungszeitraum 1974–2005).

Resultate

Von den 7 104 Patient*innen entwickelten insgesamt 4,2 Prozent (297 Personen) postoperative Wundinfektionen. Das Risiko einer postoperativen Infektion war bei Einsatz von Wasserstoffperoxid mehr als doppelt so hoch wie bei jenem von Povidon-Jod (Relatives Risiko [RR]: 2,42; 95% Konfidenzintervall [KI]: 1,84–3,18). In der Wasserstoffperoxid-Gruppe entwickelten 11,7 Prozent (75 von 643 Personen) eine postoperative Infektion, während es bei Anwendung von Povidon-Jod 4,8 Prozent waren (123 von 2 552 Personen). Das Risiko postoperativer Wundinfektionen war mehr als sechsmal höher bei Wasserstoffperoxid als bei Polyhexanid (RR: 6,24; 95% KI: 4,50–8,66). Die Häufigkeit postoperativer Infektionen lag in der Poyhexanid-Gruppe bei 1,9 Prozent (61 von 3 264 Personen).

Fazit

Die retrospektive Kohortenstudie zeigte zwar, dass in der mit Wasserstoffperoxid behandelten Gruppe postoperativ mehr Wundinfektionen bei traumatischen Wunden auftraten als bei Verwendung von Povidon-Jod oder Polyhexanid. Allerdings weist die Studie ein hohes Bias-Risiko auf, da mögliche Einflussfaktoren wie Komorbiditäten und mögliche beeinflussende Medikamenteneinnahmen nicht erfasst wurden. Da Wasserstoffperoxid nur in der ersten Beobachtungsperiode verwendet wurde, die Vergleichsinterventionen aber auch aus späteren Beobachtungszeiträumen stammen, ist unklar, welchen Einfluss generelle Verbesserungen in der Wundversorgung auf die Studienergebnisse haben.

Vertrauen in die Evidenz

Aufgrund des sehr hohen Bias-Risikos und der ungenauen Ergebnisdarstellung ist unser Vertrauen in das Studienergebnis unzureichend. Es lässt sich kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der präoperativen Wunddesinfektion mit Wasserstoffperoxid und den postoperativen Wundinfektionsraten ableiten. Klinische Studien, die einen direkten ursächlichen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Wasserstoffperoxid und der Wundheilung untersuchten, wurden nicht gefunden.

Stärke der Evidenz
0 von 3 = Unzureichend

 

Abbildung 1: Ergebnisse im Überblick

Ausführliche Beantwortung
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© Beitragsbild: AndriiZorii/istockphoto.com

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